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  • AutorenbildAndreas Eich

In Großbritannien ist Schule nicht gleich Schule

Aktualisiert: 6. Aug. 2023

Wichtig ist festzuhalten, dass der Besuch von Universitäten ein kleines Vermögen kostet. Und je angesehener die Hochschule, desto besser sind die Karriereaussichten, wegen dem Ruf der Uni, der besseren Betreuung, den Kommilitonen et cetera pp.

Die Hindernisse auf dem Weg zur Spitzen-Universität: Die Nachfrage ist groß und die Zahl der Plätze ist begrenzt. Nur knapp 27 Prozent aller Studierenden ist der Besuch an einer Russell Group University vergönnt. Die elitären Hochschulen von Oxford, Cambridge und London bieten gerade mal Platz für 6 Prozent.

Da stellt sich die Frage, wie man seinen Kindern beim Kampf um die begehrten Plätze helfen kann. Wichtigstes Kriterium zur Zulassung sind die Noten des Schulabschlusses. Die Tests sind standardisiert, doch die Qualität der Schulen schwankt enorm. Der Wahl der Bildungseinrichtung kommt großer Bedeutung zu.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste wäre eine gute öffentliche Schule zu finden. Der Besuch einer solchen steht jedem Kind frei, eigentlich. Die Familie muss nur im Einzugsgebiet der Schule leben. Und das kann teuer werden. Denn aus den genannten Gründen streben ambitionierte Familien in die Umgebungen von guten Schulen und treiben so die Immobilienpreise noch mehr als ohnehin nach oben.

Laut einer Studie des Department of Education ist der Häuserpreis in der Nähe einer top-gerankten Schule, d.h. obere 10 Prozent, um 6,8 bis 8 Prozent erhöht. Für London ist ein Anstieg von 33.000 GBP für weiterführende Schulen und 38.800 GBP für Grundschulen angegeben.

Die zweite Möglichkeit ist der Besuch einer Privatschule, auch Independent Schools genannt. Diese Option ist wesentlich vielversprechender. Laut dem Independent School Council besuchen nur 6,5 Prozent der britischen Schüler eine Privatschule. Von den Elite-Hochschulen in Oxford, Cambridge und London gingen jedoch knapp 33 Prozent der einheimischen Studierenden von ihnen ab. Betrachtet man nur Oxford und Cambridge sind es sogar 39 Prozent.



Die Abschlüsse an renommierten Privatschulen sind einfach besser als anderswo. Die Durchschnittsnote an englischen Schulen ist ein C+. www.best-schools.co.uk listet die Ergebnisse von 100 Privatschulen auf. An der besten Independent School erreichen die Schüler zu 92,11 Prozent ein A bzw. A* (Stand 2019, vor der Pandemie). Dabei handelte es sich nicht um das weltberühmte Eton College, welches mit 80,3 Prozent auf Platz 13 landete, sondern um Oxford International College.

Die Schule meiner Frau, St. Paul’s Girls‘ School, lag übrigens auf dem dritten Platz, mit 85,35 Prozent. Und 2018 grüßte sie von der Spitzenposition. (Ein Umstand, den ich auf Wunsch meiner besseren Hälfte extra erwähnen soll.) Wie bei den Unis kann eine gute Schule als Auszeichnung gelten. St. Paul’s ist Stammgast unter den Top-5 Schulen des Landes.

Selbst an der „schlechtesten“ Bildungseinrichtung stammten 52 Prozent der Noten aus dem Bereich A*/A. Ein Besuch lohnt sich, aber er kostet. Die teuerste Schule der Auflistung war Charterhouse School. Die Gebühren beliefen sich auf 33.630 GBP pro Jahr. Und das waren alleine die Kosten des Schulbesuchs, ohne Internat. Von denen verlangte Abbey College Cambridge mit 51.450 GBP pro Jahr die höchsten Beiträge. In Eton waren es „nur“ 42.501 GBP.

Der mittlere Jahresbeitrag der besten hundert Schulen lag bei 19.500 GBP, ohne Internatskosten. Dabei unterscheiden sich die Preise zwischen Spitzenplätzen und jenen am hinteren Ende kaum. Sie hängen eher vom Ort als von den Abschlussnoten ab. London, Oxford und Cambridge sind teuer. Außerhalb der Hotspots können bereits 13.000 GBP-Jahresbeitrag für einen Platz an einer Elite-Schule reichen.

Ein Schuljahr an St. Paul’s Girls‘ School kostete 27.831 GBP (kein Internat). Als ich meiner besseren Hälfte von den Gebühren erzählte, verschlug es ihr kurz die Sprache. Zu ihrer Zeit, keine 15 Jahre her, waren es „nur“ knapp 9.000 GBP. Wie bei Kitas, Universitäten und Immobilien sind die Kosten in den letzten 20 Jahren explodiert.

Die Website von St. Paul’s führt auf, welche Universitäten die Absolventinnen später besuchten. In den letzten Jahren führte der Weg von 83 Prozent der Schülerinnen an Universitäten der Russell Group, alleine 41 Prozent gingen nach Oxford und Cambridge.

Der kleine Rest musste sich nicht an schlechten Universitäten einschreiben: Weitere 14 Prozent zog es an amerikanische (Spitzen-)Unis. Die übrigen schrieben sich an kleinen, aber guten Hochschulen wie St. Andrews ein. Kinder auf eine renommierte Privatschule zu schicken, garantiert nahezu den Zugang zu einer hervorragenden Universität und damit exzellente Karrierechancen.

Doch wie soll man die Ausbildungskosten stemmen? Nehmen wir einen günstigen Fall an. Ihr Kind besucht eine öffentliche Grundschule, bevor es für die nächsten 7 Jahre auf eine weiterführende Privatschule mit 13.000 GBP Jahresgebühr wechselt. Dann investieren sie 91.000 GBP in die Bildung ihres Kindes, die knapp 28.000 GBP für ein Bachelor-Studium noch nicht mitgerechnet.

Eine Familie mit mittlerem Einkommen kann die Kosten niemals stemmen. Und selbst Gutverdiener werden ihre Schwierigkeiten haben, immerhin sind sie bereits durch Lebenshaltungskosten, Altersvorsorge und Kitagebühren belastet.

Financial Times hat sich dieses Problems angenommen und Tipps zur Finanzierung veröffentlicht:

Eine frühe Planung ist das A und O. Wenn man erst mit der Geburt des Kindes anfängt zu sparen, ist es fast zu spät, bzw. die Ersparnisse müssen risikoreicher angelegt werden. Zweigt man 550 GBP des Monatseinkommens ab und erhält darauf 5 Prozent Gewinn im Jahr, sollten bis zum Besuch der weiterführenden Schule etwas über 90.000 GBP zusammengekommen sein.

Falls die eigene Finanzkraft nicht ausreicht, könnte man die Großeltern um eine Anschubfinanzierung bitten. Clever gemacht, bieten sich gar Steuervorteile, z.B. wenn man ein Familien-Business startet, in dem die Enkel Teilhaber sind. Nun können an sie Dividenden ausgezahlt werden. Diese Form von inner-familiären Finanztransaktionen ist allerdings recht aufwändig und eher für größere Verschiebungen sinnvoll. Außerdem darf die Firma nicht nur zum Geldverschieben ins Leben gerufen werden.

Sind keine reichen Großeltern oder Onkel vorhanden, kann man sich Geld von der Bank leihen, etwa als Kredit oder Hypothek aufs Haus. Oder man lässt sich einen Teil der Pension auszahlen.

Schließlich bleibt noch die Möglichkeit, die Beiträge zu reduzieren. Etwa durch Rabatt für ein zweites Kind oder durch ein Stipendium. Tatsächlich werden für ein Drittel der Schüler geringere Beiträge fällig. Die Ersparnis beläuft sich jedoch meist nur auf einen niedrigen zweistelligen Prozentsatz oder weniger.

Bei Schülern aus ärmeren Familien erlassen manche Schulen einen größeren Anteil der Gebühren. Dazu stehen oft spezielle Töpfe mit Spendengeldern bereit. Vollstipendien gibt es jedoch kaum, nur etwa 5.700 Schüler, weniger als ein Prozent, konnten eine Privatschule beitragsfrei besuchen.

Übrigens, meine war Frau eine von ihnen. Ohne ein Vollstipendium wäre der Besuch ihrer Schule auch vor 20 Jahren unvorstellbar gewesen. Ironischerweise ist ihre gute Ausbildung und resultierendes Gehalt ein Grund, warum unsere Kinder kaum Chancen auf ein Vollstipendium hätten.

Aber ist die Art der Schule wirklich so wichtig für die Karriereaussichten? Sind sie nicht nur einer von vielen Faktoren, neben Begabung und Motivation, oder häuslicher Umgebung, inklusive Einfluss der Eltern?

Als ich in unserem britischen Freundeskreis die Absolventen von Privatschulen fragte, wie wichtig diese für ihre Karriere war, lautete die typische Antwort: Die Zeit an meiner Schule war wunderbar, ich möchte sie nicht missen, aber erfolgreich wäre ich auch nach dem Besuch einer öffentlichen Schule gewesen. Meine Begabung hat ja nichts mit der Schule zu tun.

Das war gut zu hören. Dummerweise stellte ich immer noch eine weitere Frage, und zwar ob sie ihre Kinder auf eine öffentliche Schule schicken wollen. Dann schauten sie kurz verdutzt, bevor sie zur Antwort ansetzten: Auf gar keinen Fall, eine Privatschule ist ein Muss!!!

Ihre Worte trugen sie mit einer solchen Bestimmtheit vor, dass ich hinter ihrer Überzeugung weitere Gründe vermutete… aber dazu später mehr.


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1 Comment


Guest
Oct 08, 2023

Also meine Grundschule in Wien bis zum Abitur hat damals 1100 Euro 12 mal im Jahr gekostet, und mein Studium in den USA war auch nicht Gratis. Gratis zur Schule und Studium ist nicht ueberall moeglich. Klar gibt es in Oesterreich auch Gratis Schule vom Staat die Bildung ist dann eben auch dementsprechend. Man kann immer alles schlecht Reden was in diesem Blog der Fall zu sein scheint...

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